Meditation und Gebet bei Krankheit – Betrachtend das behauene Tageswerk! Trost in schweren Zeiten!

Wenn Krankheit in unser Leben tritt, verändert sich alles. Der Rhythmus verlangsamt sich, die Kraft weicht aus den Gliedern, und das Herz fragt still: Warum ich? Doch manchmal braucht das Herz keine Antwort – sondern Trost. Trost, der nicht urteilt. Trost, der nicht erklären will. Trost, der einfach bleibt. So wie ein Gebet, das nicht heilt, aber hält.

Meister Reding aus dem Kloster Nigredo spricht dieses Gebet in Momenten, in denen Menschen sich in der Schwäche und Ohnmacht des Krankseins wiederfinden. Er nennt es „das Gebet meines Grossvaters“ – eines ehrlichen, frommen Mannes, der in schweren Tagen sein Vertrauen nicht verlor, sondern im Gebet festigte.

Mein Vater erzählte mir, dass sein Vater damals, als die Kinder krank waren,
dieses Gebet rezitiert hatte. Ob es half oder nicht, wusste niemand. Aber es tröstete das Herz. Und manchmal ist das alles, was wir Menschen tun können: das Herz trösten.

Dieses Gebet ist ein Vermächtnis. Es steht in der Linie jener einfachen, stillen Volksfrömmigkeit, die mehr aufrichtig als gelehrt ist. Sie weiss: Das Leid gehört zum Leben. Aber das Gebet – auch wenn es leise und schwach gesprochen ist – kann dem Leid einen Sinn geben, einen Atem, einen Halt.

Gebet bei Krankheit

Heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott,
du giesst deinen Gnadensegen über den kranken Leib aus
und umgibst dein Geschöpf mit vielfacher Liebe.

Höre gnädig die Anrufung deines Namens;
befreie deinen Diener von der Krankheit
und gib ihm die Gesundheit wieder.

Richte ihn mit deiner Rechten auf,
stärke ihn durch deine Kraft,
schütze ihn durch deine Macht
und gib ihn deiner heiligen Kirche
in aller erwünschten Rüstigkeit wieder.

Durch Christus, unseren Herrn.
Amen.

 

Das Unglück ist der Massstab der Charaktergrösse. — Giuseppe Motta

Meditation – Betrachtend das behauene Tageswerk

Heut klang ein Beil den ganzen Morgen laut und bis zum Abend fort. Der Schaffner baut. Ein Vordach nur, doch möchte ich es gerne sehen, ist es doch ein Werden, ist es doch ein Entstehen. Da war ein Zimmermann, der es wacker trieb und seinen Balken säuberlich behieb. In guten Treuen mühte sich der Mann, dass ihm das Wasser von der Stirne rann.

Am Abend kam der Zimmermeister leise,
mit langgelocktem Bart, ein gütiger Greis.
Und rührt dem Knecht, der nimmer wollte ruhn,
die Schulter, mahnend: „Lieber, feier nun!“

Jetzt ward die Stätte leer, ich aber schlich hinaus
und auf den Balken setzt’ ich mich,
betrachtend das behauene Tageswerk zurück.

Ich starrte nieder, der Gedanken Raub,
da traf die Schulter mir ein fallend Laub.
Mich schauderte, da ich das Blatt gespürt,
als hätt’ mich des Meisters Hand berührt,
und mich gemahnt: Genug! Die Sonn ist fern,
geh ein, du Knecht, zur Ruhe deines Herrn.

Reflexion – Die Krankheit als Lehrer

Krankheit ist nicht nur ein Feind. Sie ist auch ein Lehrer, der uns an die Grenzen führt – und über sie hinaus.

Sie zwingt uns zur Demut, lehrt uns die Sprache des Schweigens, und erinnert uns daran, dass auch Schwäche eine Form von Stärke ist. So wie der müde Zimmermann in der Meditation,
der sein Werkzeug endlich ruhen lässt, so dürfen auch wir loslassen – nicht aus Aufgabe, sondern aus Vertrauen.

Wer krank ist, ist dem Geheimnis des Lebens besonders nahe. Denn wer alles Äussere verliert,
kann das Innere finden – den leisen Ort, an dem die Seele und Gott sich begegnen. Dort geschieht Heilung, nicht immer am Körper, aber in der Tiefe des Herzens.

Nachwort – Das behauene Werk

Dieses Gebet endet nicht mit einem „Amen“, sondern mit einem Blick – einem stillen Blick auf das Tageswerk, das wir tun durften. Auch Krankheit gehört zu diesem Werk. Sie ist ein Balken im Bau des Lebens, rauh, schwer, aber notwendig.

So möge jeder, der leidet,
am Ende seines Tages
die Stimme hören, die leise spricht:

Genug, mein Knecht, die Sonne ist fern.
Geh ein – zur Ruhe deines Herrn.

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